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Ein Gastraum mit Tischen und Stühlen sowie einer Theke, weihnachtlich geschmückt.

Soulfood statt Einsamkeit – „Ulrichs – Café, Kuchen & Kultur“ der Berliner Aids-Hilfe

Es geht lebhaft zu in den Räumlichkeiten der „Berliner Aids-Hilfe“: Ute Hiller und Thomas Sielaff stecken mitten in den Vorbereitungen zu einem Event, das ihnen besonders am Herzen liegt – Die über 150 Menschen, die sich ehrenamtlich für die „Berliner Aids-Hilfe e.V.“ engagieren, sollen gewürdigt werden. Ute Hiller, Geschäftsführerin des Vereins, erzählt begeistert: „Wir machen ein Fest, es gibt was zu essen, es gibt musikalische Beiträge, es gibt Ehrungen auf der Bühne. Eine der Ehrenamtlichen ist heute schon 30 Jahre dabei.“ 

Grund genug, die Arbeit der Freiwilligen in feierlichem Rahmen zu würdigen. Ihre Aufgaben sind denkbar vielfältig: Von Öffentlichkeitsarbeit, Jugendprävention, der Begleitung von Menschen mit HIV zu Ämtern oder als emotionale Stützen, über Telefonberatung und die Arbeit im – „Ulrichs – Café, Kuchen & Kultur“ – in Schöneberg. 

Genuss für alle  

Thomas Sielaff ist jetzt im achten Jahr als Koordinator des Cafés dabei. Einerseits organisiert er Veranstaltungen vor Ort, wie Lesungen, Ausstellungen, Konzerte – Er kümmert sich aber auch um die Vermietung des Raums für Projekte oder Vereine. Dabei wird er von einem 20-köpfigen Team tatkräftig unterstützt. „Ehrenamtliche Mitarbeitende im Alter von Mitte 20 bis Mitte 70 schenken unseren Klientinnen und Klienten ihre Zeit“, und so können auch die Kosten niedrig gehalten und das Essen zu kleinen Preisen angeboten werden. Ute Hiller: „Wir können dem Klientel der Beratungsstelle, die wenig Geld haben, einen Gutschein ausstellen, so dass sie ein kostenloses Essen im Café bekommen.“ Denn die Situation einiger Klienten ist prekär: „Wenn ich Hunger habe und auf der Straße lebe, dann denke ich an Hunger und nicht daran, was meine nächsten Schritte sind, um aus meiner schwierigen Situation herauszukommen und in eine etwas bessere Zukunft.“

  

Das Versteckspiel hinter Gardinen ist vorbei  

Lag der Schwerpunkt des gastronomischen Konzepts bisweilen auf Mahlzeiten zur Mittagszeit, auch zur Mitnahme in Weck-Gläsern, soll das Café ab Januar 2023 dem „Kuchen“ und „Café“ im Namen alle Ehre machen. „Ulrichs“ wird zu einer kostengünstigen Anlaufstelle mit Leckereien wie selbstgebackenen Kuchen, Quiche, Kaffee-und Teespezialitäten. Oder wie Sielaff es beschreibt: „Ein warmer Ort im grauen Winter, wo man seinen heißen Tee in Ruhe genießen kann“.

Die Wurzeln des „Ulrichs“ gehen bis in die 80er Jahre zurück. Die erklärte Mission damals: HIV-Positiven ein Stück Normalität in den Alltag zurückzubringen. „Bevor es Medikamente gab, waren HIV-Positive auch äußerlich erkennbar und das wurde oft nicht gern gesehen in der Gastronomie. Deshalb haben sie sich einfach ihr eigenes Café gemacht“, schildert Hiller. Als Geschäftsführerin der „Berliner Aids-Hilfe e.V.“,  aber auch Mitbegründerin des „Ulrichs“, war sie von Anfang an dabei und bereits am ersten Projekt dieser Art mit dem Namen „Café Positiv“ in der Berliner Bülowstraße beteiligt. Aufgrund des großen Zulaufs eröffnete später ein weiteres Café in Charlottenburg-Wilmersdorf. Das „Frühstücksteam“ in der Meinekestraße veranstaltete zwei Mal in der Woche einen großen Frühstücksbrunch.

Die Zeiten änderten sich und auch die medizinische Entwicklung machte Fortschritte. Behandlungsmöglichkeiten für das HI-Virus, brachten für die Selbstwahrnehmung der Betroffenen eine entscheidende Wende – das „Versteckspiel“ konnte nach und nach zu Gunsten eines sichtbaren Projektes aufgegeben werden, „wo man nicht hinter Gardinen sitzt“. So wurden 2013 die beiden Gastronomie-Angebote im jetzigen Sitz der Berliner-Aidshilfe in der Kurfürstenstraße vereinigt und das gastronomisch voll-ausgestattete „Ulrichs – Café, Kuchen & Kultur“ war geboren.

Essen über den Tellerrand hinaus  

Doch nicht nur „dass“ überhaupt etwas auf den Tisch kommt, ist Hiller und Sielaff wichtig – sondern vor allem auch „was“. Für die Gesundheit der Klientinnen und Klienten baut Ute Hiller dabei auf die Grundsätze der Salutogenese: Eines Ernährungsansatzes von A. Antonovsky. „Wir schauen zumeist mit der falschen Frage auf die Dinge – ‚Was macht mich krank?‘  Da können wir natürlich sehr viele Dinge aufzählen: Stress, Rauchen, Alkohol. Der Ansatz der Salutogenese ist hingegen ‚Was erhält mich denn gesund?‘, damit ich, auch wenn ich in einem belastenden Moment bin, nicht krank werde“, erklärt Hiller. 

Austausch, Gespräche, Neues ausprobieren, auch das unterstützt die Gäste mental. „Wir wollen unseren Gästen ermöglichen, über den Tellerrand ‚hinaus-zu-essen‘. Zwar sind wir nicht das typische Szene-Café, aber wir bieten neben Fleischgerichten, vegetarisches und auch veganes Essen an. Viele haben festgestellt: Mensch, die veganen Gerichte sind auch total lecker. Auch das hält mich gesund: wenn ich nicht immer nur in eine Richtung gucke, sondern meinen Blickwinkel erweitere – ‚open-minded‘ bin“.

 

Viele Vorurteile, viel zu tun  

„Philadelphia“ war in den 90er Jahren einer der ersten Mainstream-Filme, die sich mit dem HI-Virus gesellschaftskritisch auseinandergesetzt haben. Was Hauptdarsteller Tom Hanks im Filmdrama als Betroffener erlebt, spiegelt auch heute noch die Wirklichkeit vieler HIV-Positiver wieder. Mit der Umstrukturierung des „Ulrichs“ wünschen sich Sielaff und Hiller auch eine Veränderung in den Köpfen der Menschen. „Wenn mir jemand sagt, dass er oder sie HIV-positiv ist, dann muss ich keine Angst haben, denn die Person weiß von ihrem Status, nimmt die Medikamente und ist nicht infektiös, kann somit niemanden infizieren. In den Köpfen der Menschen ist es anders, die denken ‚HIV = AIDS = Philadelphia‘. Diese Vorurteile in den Köpfen der Menschen zu durchbrechen, ist unsere Botschaft“, stimmen Hiller und Sielaff überein. 

Ein Mann in einer blauen Kapuzenjacke und eine Frau mit einem grünen Shirt und schwarzen Blazer. Beide tragen eine rote Schleife.

Ute Hiller und Thomas Sielaff setzen sich für niedrigschwellige Essensangebote und einen geschützten Raum für HIV-Positive in Schöneberg ein.

Und es gibt noch viel zu tun, denn, dass die Übertragbarkeit des Virus, Dank medikamentöser Therapie, effektiv in Schach gehalten werden kann, ist auch heutzutage nur 20 Prozent der Bevölkerung bewusst. Positive Entwicklungen brauchen Zeit. Doch die Anzeichen dafür nähern sich: Nach anfänglichen Berührungsängsten kommen die Auszubildenden eines benachbarten Unternehmens nun regelmäßig zum Mittagstisch ins Café – und neue Freundschaften bilden sich. „Wir wollen das Nahe und Echte in der Begegnung. Und das erreichen wir hier im ‚Ulrichs‘“.

 

Die Berliner Sparkasse packt an  

Wie die jungen Auszubildenden des benachbarten Unternehmens so hatte auch Ute Hiller anfangs Hemmungen, jedoch ganz anderer Art – nämlich Hilfe von außen anzunehmen: „Dass uns jemand einfach unsere Küche streichen wollte, war anfangs schwer vorstellbar. Dabei ist es total hilfreich, wenn jemand vorbeikommt und einfach mit anpackt“, freut sich Ute Hiller. „Ein großes Team der Berliner Sparkasse hat einen unserer Räume neu gestaltet und die Küche renoviert. Und wir haben einen Beamer für das ‚Ulrichs‘ erhalten“.

Die Berliner Sparkasse ist auch fester Partner der Spenden-Gala „Künstler gegen AIDS“. „Diese Spenden gehen direkt in unsere Hilfsfondangebote“, so Hiller. Sie nimmt die Unterstützung gerne an, denn „das, was die Berliner Sparkasse für uns ist, versuchen wir ja auch für unsere Klientinnen und Klienten zu sein: Wir unterstützen sie bei den Dingen, die ihnen gerade schwerfallen. Manchmal ist es total toll, wenn jemand kommt und sagt: Ach ich mach das! Ich nehm‘ mir diesen Tag Zeit und ich mach das für euch und mit euch. Wie zum Beispiel das gemeinsame Schmücken des Weihnachtsbaums. Wir hätten ihn auch ohne die Sparkasse geschmückt bekommen, gar keine Frage – aber es ist einfach auch schön, über eine solche Aktion ein Stück weit in Kontakt zu bleiben und auch die Arbeit erlebbar zu machen, auch in Richtung derjenigen, die uns unterstützen. Ich freue mich immer noch, wenn ich die renovierte Küche angucke."  

Weitere Informationen über die Berliner Aids-Hilfe e.V. und wie Sie sich engagieren können, finden Sie auf der Website des Vereins: www.berlin-aidshilfe.de

Die Berliner Sparkasse macht sich stark für eine vielfältige Gemeinschaft, Chancengerechtigkeit und Gleichstellung am Arbeitsplatz. 

Wir übernehmen Gesellschaftliches Engagement für unsere Stadt.
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