Ob Sie sich als Zahnarzt, Apotheker, Physiotherapeut oder Logopäde niederlassen wollen – der Schritt in die Selbstständigkeit ist groß und herausfordernd. Gerade für Heilberufler, die keine bestehende Praxis übernehmen, sondern ihre Behandlungsräume ganz neu errichten wollen, stellen sich eine Reihe von Fragen: Welche Voraussetzungen müssen die Räumlichkeiten mitbringen, damit sie sich als medizinische Praxis eignen? Wie gestaltet sich der Gewerbemietvertrag? Und welche Modalitäten müssen dabei beachtet werden? Wir haben den Anwalt für Medizinrecht Dietmar Sedlaczek von SPS Steuern & Recht, einer Steuerberater- und Rechtsanwaltskanzlei mit Sitz in Berlin, gefragt, worauf es beim Anmieten von Praxisräumen ankommt.
Wenn Sie sich für eine Praxisneugründung entscheiden, hat dies gegenüber der Praxisübernahme den Vorteil, dass Sie die Räume nach Ihren eigenen Wünschen gestalten können. Außerdem können Sie den Standort Ihrer Praxis frei wählen – sofern vonseiten der regionalen Zulassungsbeschränkungen für Vertragsärzte nichts dagegenspricht. Doch nicht nur eine gute Lage spielt bei der Suche nach einem geeigneten Gewerberaum eine wichtige Rolle. Denn je nach Fachrichtung muss das Mietobjekt spezielle bauliche Voraussetzungen erfüllen. So sind für die Inbetriebnahme vieler medizinischer Geräte Starkstromanschlüsse nötig oder es müssen neue Leitungen verlegt werden. Zudem darf das Zusatzgewicht, das durch die Geräte entsteht, die zulässige Deckenlast nicht überschreiten. „Neu zugelassene Vertragsärzte und Kassenzahnärzte müssen außerdem dafür sorgen, dass ihre Praxisräume barrierefrei zugänglich sind“, erläutert Sedlaczek.
Bevor Sie den Mietvertrag für Ihre zukünftige Praxis unterzeichnen, sollten Sie genau abklären, ob die Bedingungen für die anstehenden Umbaumaßnahmen erfüllt sind. „Im Regelfall trägt der Mieter die Verantwortung dafür, dass die Räumlichkeiten für den Mietzweck geeignet sind“, klärt Sedlaczek auf. „Um die Tragfähigkeit der Decke zu prüfen, kann man beispielsweise im Vorfeld die statischen Unterlagen vom Vermieter einholen“, empfiehlt der Experte.
Sind diese Voraussetzungen erfüllt und Sie haben sich dafür entschieden, die Praxis zu mieten, wird ein Gewerbemietvertrag aufgesetzt. Als Angehöriger eines Heilberufes sollten Sie hier einige besondere Modalitäten beachten. Das sind die wichtigsten Punkte:
Da Gewerbemietverträge normalerweise befristet sind, gelten die gesetzlichen Kündigungsschutzregelungen nicht. Der Hintergrund: Selbstständige sollen davor geschützt werden, bei gut laufendem Geschäft innerhalb weniger Monate vor die Tür gesetzt zu werden. Das gilt ebenso für Arztpraxen: Auch für diese sollte eine feste Vertragslaufzeit festgelegt werden. „Bei Zahnarzt-Praxen wird häufig eine zehnjährige Laufzeit vereinbart, mit der Option vonseiten des Mieters, zweimal um fünf weitere Jahre zu verlängern“, legt der Medizinrecht-Anwalt dar. „In diesem Zeitraum amortisieren sich die Investitionen, die in die Umbaumaßnahmen und Geräte gesteckt wurden.“ Aber auch für Psychotherapeuten und andere Heilberufler ist eine Vertragslaufzeit von rund 15 bis 20 Jahren sinnvoll: „Wenn Sie eine Praxis angemietet haben, wollen Sie natürlich erst mal am Standort bleiben, weil da Ihre Patientenbeziehungen sind.“
Doch was ist zu tun, wenn Sie selbst vorzeitig aus dem Mietvertrag rauswollen, etwa weil sich ein günstigerer Standort aufgetan hat? „In diesem Fall kommt meist nur ein Aufhebungsvertrag infrage“, stellt der Experte klar. Auf eine Nachmieterklausel, die dem Mieter ein vorzeitiges Kündigungsrecht einräumt, ließen sich hingegen nur die wenigsten Vermieter ein. Anders sieht es bei Berufsunfähigkeit und dem Eintritt ins Rentenalter aus: „Für den Fall, dass der Arzt berufsunfähig erkrankt oder in den Ruhestand tritt, sollte man vertraglich vereinbaren, dass man einen geeigneten Nachfolger stellen darf“, rät Sedlaczek. „Das liegt auch im Interesse des Vermieters. Es ist sicher auch für ihn nicht hilfreich, darauf zu beharren, dass ein nicht zahlungsfähiger Mieter bleibt.“ Die Möglichkeit, einen Nachfolger für die Praxis vorzuschlagen, hat noch einen weiteren Vorteil: Sofern ein Arzt derselben Fachrichtung Ihre Räumlichkeiten übernimmt, müssen Sie diese in der Regel nicht zurückbauen – das spart für alle Beteiligten Zeit, Kosten und Nerven.
Gewerbemietverträge mit befristeter, längerer Laufzeit enthalten häufig Mietanpassungsklauseln. Auch wenn es aus Mietersicht nicht wünschenswert ist: Viele Vermieter bieten nur Verträge mit einer festgelegten Mieterhöhung an. Dennoch können Sie hier verhandeln. Wenn es schon eine Mietanpassungsklausel sein muss, sollten Sie auf eine Indexmiete bestehen. „Im Unterschied zu Staffelmieten orientieren sich Indexmieten an der Entwicklung der Verbraucherpreise“, so Anwalt Sedlaczek. Das bedeutet, dass die Mieterhöhungen in etwa die Inflationsrate ausgleichen. Da sich aber auch die Einnahmen und Gehälter entsprechend entwickeln, ist dies in aller Regel gut zu stemmen. Die Staffelmiete sieht hingegen fixe Erhöhungen zu festgelegten Zeitpunkten vor. „Das kann über die vereinbarten Zeiträume hinaus eine überdurchschnittliche Mieterhöhung zur Folge haben“, erklärt der Experte.
Eine weitere sinnvolle Vereinbarung ist die sogenannte Konkurrenzschutz-Klausel. Mit ihr können Sie sicherstellen, dass sich kein anderer Therapeut oder Arzt Ihrer Fachrichtung in dasselbe Haus einmietet. Schließlich wollen Sie Ihren direkten Wettbewerber nicht ein Stockwerk über sich sitzen haben. Je nach persönlichen Weiterbildungen und Spezialisierungen lassen sich die einzelnen Fachrichtungen allerdings nicht immer ganz trennscharf voneinander abgrenzen. In diesem Fall sollten Sie darauf achten, dass die Konkurrenzschutz-Klausel möglichst weit gefasst ist und auch etwaige Überkreuzungen einbezieht. Vom Konkurrenzschutz profitiert übrigens immer nur der Mieter, der zuerst am Standort war.
Wenn Sie eine Praxis mieten, sind Sie im Unterschied zu privaten Mietern nicht durch den Mieterschutz abgesichert. Denn im Gewerbemietvertrag herrscht weitgehend Vertragsfreiheit. Im Klartext bedeutet das, dass alle Vertragsklauseln gelten, die Sie unterzeichnet haben. Bevor Sie also Ihre Unterschrift unter den Mietvertrag setzen, sollten Sie die Vereinbarungen lieber einmal zu oft als einmal zu wenig checken. Denn aller Voraussicht nach sind Sie für eine lange Laufzeit an die festgelegten Konditionen gebunden. Fachleute empfehlen daher, den Gewerbemietvertrag vor dem Abschluss juristisch überprüfen zu lassen. Denn als Arzt, Apotheker oder Physiotherapeut liegt Ihr Spezialgebiet naturgemäß in der Beratung und Behandlung von Patienten – und nicht im Dschungel der Vertragsklauseln.
Wenn Sie sich niederlassen und Praxisräume mieten wollen, sollten Sie Ihre zukünftige Wirkungsstätte auf Herz und Nieren prüfen. Lassen Sie sich nicht allzu leicht von einem verlockenden Standort hinreißen, sondern nehmen Sie die Räumlichkeiten und die Vertragsbedingungen genau unter die Lupe. Da der Mietzweck im Vertrag ziemlich präzise festgehalten wird, sollten Sie vor dem Unterzeichnen auch mögliche Entwicklungen Ihrer Praxis im Blick haben: Vielleicht träumen Sie davon, sich zu einem späteren Zeitpunkt noch modernere, aufwendigere Geräte anzuschaffen. Auch wenn das für Sie noch wie Zukunftsmusik klingt, sollten Sie jetzt schon überlegen, ob sich die Praxisräume für derartige Vorhaben eignen. Diese Optionen sollten Sie vertraglich festhalten. Das gilt beispielsweise auch für die Möglichkeit, die Räume später zu einer Praxisgemeinschaft oder Gemeinschaftspraxis zu erweitern.
Mit einer guten Planung lassen sich mögliche Fallstricke schnell aus der Welt schaffen und Ihre Selbstständigkeit steht auf einem sicheren Fundament.
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