Die beliebteste Form der ärztlichen Niederlassung ist noch immer die Einzelpraxis. Doch gerade jüngere Medizinerinnen und Mediziner sowie Physiotherapeutinnen und Psychotherapeuten entscheiden sich heute vermehrt für eine Praxiskooperation. Dabei handelt es sich meist um eine Gemeinschaftspraxis oder um eine Praxisgemeinschaft. Die beiden Begriffe klingen zwar zum Verwechseln ähnlich, dahinter verbergen sich jedoch grundlegend verschiedene Formen des Arbeitens und Wirtschaftens. Nicht zuletzt ergeben sich aus der Praxisform Konsequenzen für den richtigen Umgang mit den Daten von Patientinnen und Patienten. Was die wesentlichen Unterschiede zwischen Gemeinschaftspraxis und Praxisgemeinschaft sind und wie sich der jeweilige berufliche Alltag gestaltet, lesen Sie in diesem Beitrag.
Intuitiv besagen die Begriffe Praxisgemeinschaft und Gemeinschaftspraxis ein- und dasselbe: Zwei oder mehr Ärztinnen oder Ärzte behandeln ihre Patientinnen und Patienten in der gleichen (Facharzt-)Praxis. So weit, so gut. Schaut man ein wenig genauer hin, stellen die Praxisgemeinschaft und die Gemeinschaftspraxis jedoch rechtlich, organisatorisch und wirtschaftlich strikt voneinander abzugrenzende Kooperationsformen dar. Die Verwirrung wird perfekt, wenn dann noch Bezeichnungen wie Berufsausübungsgemeinschaft und Organisationsgemeinschaft hinzukommen. Das steckt hinter den Begriffen:
Eine Gemeinschaftspraxis ist im rechtlichen Sinn eine Einheit: Mehrere Ärztinnen und Ärzte schließen sich wirtschaftlich zusammen und üben gemeinschaftlich ihren Beruf aus. Daher spricht man heute oft treffender von einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG). Die übliche Rechtsform einer solchen praxis ist eine Gesellschaft bürgerlichen rechts (GbR) oder eine Partnergesellschaft (PartG). Tatsächlich wurden die Begriffe mit dem Vertragsarztrechtsänderungsgesetz vereinheitlich. Die Bezeichnung „Gemeinschaftspraxis“ wird zwar immer noch häufig genutzt, gilt offiziell allerdings als veraltet. Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, die sich in einer BAG zusammentun, teilen Räume, Geräte und Personal, behandeln dieselben Patientinnen und Patienten und rechnen die erbrachten Leistungen gemeinschaftlich ab.
Gut zu wissen: Die eine Gemeinschaftspraxis beziehungsweise Berufsausübungsgemeinschaft gibt es nicht. Grundsätzlich ist die vertraglich geregelte Kooperation an den Zweck der gemeinsamen Berufsausübung gebunden. Wie sich dies konkret ausgestaltet ist, steht den beteiligten Medizinerinnen und Medizinern offen. Möchten die Vertragspartnerinnen und Vertragspartner nur einen Teil ihrer berufsbezogenen Tätigkeiten ausüben, spricht man von einer sogenannten Teilberufsausübungsgemeinschaft. Welche Leistungen genau gemeinsam zu erbringen sind, regelt der jeweilige Gesellschaftervertrag im individuellen Fall. Genau genommen muss die gemeinsame Berufsausübung nicht einmal am selben Ort geschehen und kann sich über mehrere Vertragssitze erstrecken. In diesem Fall sprechen Ärztinnen und Ärzte von einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft.
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In einer Praxisgemeinschaft werden benötigte Ressourcen wie das medizinische Equipment und Räumlichkeiten ebenfalls gemeinsam genutzt. Mitunter teilen sich die Ärztinnen und Ärzte auch das Personal. Im Unterschied zur Gemeinschaftspraxis bildet die Praxisgemeinschaft jedoch keine wirtschaftliche Einheit, sondern lediglich einen organisatorischen Zusammenschluss. Daher wird die Praxisgemeinschaft präziser als Praxisorganisationsgemeinschaft bezeichnet. Die Praxisärztinnen und Praxisärzte treten unter eigenem Namen auf, arbeiten wirtschaftlich unabhängig voneinander und behandeln ihre eigenen Patientinnen und Patienten. Überschneidungen zwischen den jeweiligen Patientenstämmen sind nur in einem eng definierten Rahmen zulässig – andernfalls drohen ernstzunehmende rechtliche Konsequenzen wegen Doppelabrechnung bei der Krankenversicherung. Aus rechtlicher Sicht umfasst die Praxisgemeinschaft mehrere unabhängige Praxen.
Als Ärztin oder Arzt in einer Praxiskooperation sollten Sie sich die Abgrenzung von Praxisgemeinschaft zur Gemeinschaftspraxis im Berufsalltag stets vor Augen halten. Denn je nachdem, in welcher Kooperationsform Sie arbeiten, müssen Sie auf eine jeweils eigene Weise mit personenbezogenen Daten verfahren. Im Zentrum stehen die Fragen, wer auf welche Patientendaten zugreifen darf und an wen die Informationen weitergegeben werden dürfen. Mit der neuen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) sowie der neugeregelten Verschwiegenheitspflicht laut § 203 StGB haben diese nochmals an Bedeutung gewonnen.
In einer Gemeinschaftspraxis bzw. Berufsausübungsgemeinschaft ist die Handhabung in Sachen Datenschutz relativ unkompliziert: Dort gelten im Prinzip dieselben Bestimmungen wie in einer Einzelpraxis. Da alle Ärztinnen und Ärzte sowie das Praxispersonal gemeinschaftlich arbeiten, dürfen die Patientenakten üblicherweise von allen Mitarbeitenden eingesehen werden. In der Regel wird vorausgesetzt, dass die Einwilligung der Patientin oder des Patienten zur Einsichtnahme und Verarbeitung seiner Daten für alle Ärztinnen und Ärzte der Praxis gilt – es sei denn, die Patientin oder der Patient hat dem explizit widersprochen.
In der Praxisgemeinschaft stellt sich die Frage nach dem richtigen Umgang mit personenbezogenen Daten auf komplexere Weise: Laut DSGVO dürfen nur die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt und das für ihn tätige Praxispersonal auf die Akten der Patientin oder des Patienten zugreifen. Andere in der Praxis tätige Ärztinnen und Ärzte dürfen keinen Zugang zu den sensiblen Informationen erhalten. Bei Akten in Papierform muss demnach sichergestellt sein, dass diese in einem separaten, nur für den definierten Personenkreis zugänglichen Aktenschrank aufbewahrt werden. Dieses Verfahren ist vergleichbar mit dem sogenannten Zwei-Schrank-Modell, das bei der Praxisabgabe gängig ist. Wird eine gemeinsame Praxissoftware genutzt, müssen die Zugänge auf die Patientendaten entsprechend beschränkt werden, beispielsweise durch das Einrichten von Passwörtern.
Auch für den Krankheitsfall gibt es so manches zu beachten: Da Ärztinnen und Ärzte in der Praxisgemeinschaft ihren eigenen Patientenstamm pflegen, dürfen sie bei Erkrankung einer Kollegin oder eines Kollegen nicht ohne Weiteres dessen Patienten mitbehandeln. In diesem Fall muss die Patientin oder der Patient vorab eine schriftliche Einwilligung zur Verarbeitung von Daten geben.
Hinweis: Wenn sich zwei Ärztinnen oder Ärzte in einer Praxisgemeinschaft nicht nur Räumlichkeiten und Geräte, sondern auch das Personal teilen, dürfen die gemeinsamen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – aber nur diese – in der Regel beide Bestände einsehen.
Die Frage, ob Sie in einer Gemeinschaftspraxis oder einer Praxisgemeinschaft arbeiten, ist nicht nur aus rechtlicher Sicht von Bedeutung. Auch auf Ihren beruflichen Alltag wirkt sich die Form der Praxiskooperation aus. Für beide Arten gilt: Gegenüber der Einzelpraxis bedeuten die Praxisformen meist eine geringere finanzielle Belastung. So verteilen sich die Anschaffungskosten für Praxis und medizinische Geräte sowie gegebenenfalls auch die Personalkosten auf mehrere Schultern. Zudem können Sie sich bei fachlichen Fragen jederzeit mit Ihren Kolleginnen und Kollegen austauschen. In der Gemeinschaftspraxis geht die Zusammenarbeit sogar noch weiter: Indem Sie gemeinschaftlich denselben Patientenstamm behandeln, dürfen Sie sich gegenseitig auch ohne Einschränkungen vertreten, was Ihnen eine größere zeitliche Flexibilität ermöglicht. In einer Praxisgemeinschaft arbeiten Sie dagegen eigenständiger. Zudem tragen Sie nur für Ihre eigene Praxis innerhalb der Organisationsgemeinschaft ein wirtschaftliches Risiko, während Ärztinnen und Ärzte in einer Gemeinschaftspraxis in der Regel füreinander haften.
Wer sich als Ärztin oder Arzt für die Arbeit in einer Praxiskooperation entscheidet, kann mitunter von einem geringeren finanziellen Risiko und einer größeren Flexibilität als in der Einzelpraxis profitieren. Die Unterscheidungsmerkmale zwischen Gemeinschaftspraxis und Praxisgemeinschaft sollten auch im beruflichen Alltag stets im Blick behalten werden, um rechtliche Vorgaben wie die Datenschutzrichtlinien angemessen berücksichtigen zu können.
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