Über dem Dach des Mehrfamilienhauses schwebt eine Drohne, schwirrt von der einen Kante des Gebäudes zur anderen, umkreist den Giebel, steigt wieder empor bis zum First. Das wendige Fluggerät ist ein wichtiges Arbeitsinstrument bei der J. Pause Dachdecker und Maurer GmbH.
„Das Ausklappen des Zollstocks können sich unsere Jungs sparen“, sagt Torsten Rotheudt, einer der beiden Geschäftsführer. Auch das Lasermessgerät ist bei der J. Pause GmbH schon wieder Schnee von gestern. „Das gesamte Objekt wird mit der Drohne vermessen.“ Am Rechner entsteht dann der komplette Dachaufbau. Per Mausklick dreh- und wendbar – die virtuelle Basis dessen, was in der Realität erst noch gebaut werden muss. „Und Grundlage für eine exakte Materialbestellung“, fügt Rotheudt hinzu, der die Umstellung aufs Handwerk 2.0 nicht zuletzt über Betriebsmittelkredite der Berliner Sparkasse finanziert hat. „Ein Partner auf Augenhöhe“, lobt er, „die kennen die Bedürfnisse des Mittelstands“.
Die Digitalisierung habe die Bauvorbereitung komplett verändert, fährt Rotheudt fort. Einen ersten Überblick verschafft sich sein Team schon vorm ersten Besuch vor Ort. Wie ist das Umfeld des Gebäudes? Gibt es eine Anbindung an die Straße? Die Infos liefert Google Earth. Das spart Zeit bei der Bestandsaufnahme. Rücken die Bauleute schließlich persönlich an, tragen sie keine schweren Aktenmappen mit Zeichnungen mehr mit sich herum, sondern Tablets mit digitalen Mappen. Das letzte Faxgerät in der Firma hat Rotheudt im vorigen Jahr abgeschaltet. Rechnungen werden zu 90 Prozent per Mail versandt, Belege elektronisch gespeichert.
„Alle Projektpartner speisen ihre Daten über die virtuelle Cloud ein“, erklärt Rotheudt. Das erleichtere die Arbeit, erhöhe aber auch den Druck. Der Anspruch an die IT-Systeme wachse ständig, zeitliche Abläufe seien rasanter geworden. „Riesige Datenmengen werden in Sekundenschnelle verschickt – und der Kunde erwartet dann auch schnelle Antworten.“ Bei allem Tempo dürfe aber die gründliche Beratung nicht zu kurz kommen. „Deshalb kommen die Bauherren doch zu uns.“ Es gehe nicht allein darum, gesetzliche Standards wie die Energieeinsparverordnung umzusetzen, sondern Häuslebauern Perspektiven aufzuzeigen, nachhaltige Alternativen. Dämmungen aus nachwachsenden Rohstoffen beispielsweise, statt mineralischer Glasfaser. „Und CO2-Neutralität ist für uns das absolute Minimum.“
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Rotheudt weiß, dass er seinen Anspruch, die bestmögliche Dienstleistung zu bieten, nur mit guten Leuten umsetzen kann. In Zeiten, in denen Fachkräfte Mangelware sind. „Darum bilden wir selbst aus“, sagt der Unternehmer. Derzeit sind unter den fast 150 Beschäftigten 25 Lehrlinge – angehende Dachdecker und Klempner, Maurer, Zimmerer, Bürokaufleute.
Dem 50-Jährigen ist bewusst, dass er die besten Leute nur bekommt, wenn er ihnen etwas zu bieten hat. Deswegen hat er die Chipkarte eingeführt, mit der seine Mitarbeiter in 200 Berliner Läden einkaufen können. Jeden Monat werden 44 Euro als zusätzliche Prämie draufgebucht – „vorausgesetzt, die Mitarbeiter haben sich vorbildlich verhalten, waren immer pünktlich, haben nicht gefehlt“. Die Azubis erhalten darüber hinaus noch ein Jahresticket in Höhe von 366 Euro für die Nutzung des kompletten öffentlichen Nahverkehrs.
Auch Heiko Wätzold, der zusammen mit seiner Frau Daiana zwei Frisör-Salons in Marzahn führt, hat längst „eine Schippe draufgelegt“, um Fachkräfte für seine Geschäfte zu finden. „Wir zahlen über Tarif, beteiligen unser Team zudem mit Provisionen an Verkauf und Umsatz“, sagt Wätzold. Dennoch hat er Probleme, freie Stellen neu zu besetzen. Bisher habe es zwar noch immer geklappt. „Aber wir bekommen kaum Bewerbungen von jungen Frisörinnen“, sagt Wätzold. Und Männer würden sich gleich gar nicht bewerben. „Dabei würde ich gern mal wieder einen Frisör einstellen.“
Letztlich seien unter anderem gute Löhne das A und O, um Fachkräfte zu bekommen und halten zu können, sagt auch Stefan Fittkau, Chef der Fittkau Metallgestaltung GmbH: „Wer gut verdient, ist motiviert, bringt gute Leistungen – und daraus entstehen die Gewinne.“ Die Wurzeln des weltweit agierenden Unternehmens reichen zurück bis ins Jahr 1925. Fittkau selbst begann seine Laufbahn dort 1983 mit der Ausbildung zum Kunstschmied, 2001 kaufte er den Betrieb von der damaligen Inhaberfamilie. Heute ist es der größte Metallgestaltungsbetrieb in Berlin und dem Norden Deutschlands.
Probleme, Lehrlinge zu finden, hat der 53-Jährige nicht. „Weil wir Exoten ausbilden.“ Pro Jahr würden deutschlandweit maximal 50 Lehrstellen für Metallgestalter angeboten. „Berlin hat da eine gewisse Sogwirkung.“ Weshalb Fittkau auch freie Stellen bislang stets gut besetzen konnte. In seinem 50-köpfigen Team sind „Leute von der Küste ebenso wie aus Bayern und Sachsen. Gerade hat jemand aus Aachen bei uns angefangen“. In einem Beruf, von dem Fittkau sagt, dass mit den gleichen Techniken und Handwerkzeugen gearbeitet werde wie vor 600 Jahren. Als Beispiel nennt er das Kehlen, um ein Metallblatt in Form zu bringen. Doch hat die Digitalisierung auch in Fittkaus Werkstatt längst Einzug gehalten: „Früher haben wir Ornamente von Hand angezeichnet und aus dem Blech ausgeschnitten. Heute gibt’s eine elektronische Zeichnung und der Laser schneidet aus.“ Auch Planung und Betriebsverwaltung sind digitalisiert und komplett papierlos. Nur in der Werkstatt gibt es statt Tablets noch Papier: „Wegen des Schleifstaubs. Da würden die Geräte nicht lange überleben.“
Ob er sich schon Gedanken über die Betriebsnachfolge gemacht habe? „Selbstverständlich“, antwortet er knapp. Er wolle zwar erst in zehn oder 15 Jahren in den Ruhestand gehen, „aber die verschiedenen Möglichkeiten einer Übergabe auszuloten, damit beschäftige ich mich seit Jahren“. Das sei ein langer Prozess, den Unternehmer frühzeitig in Angriff nehmen sollten. Noch sei eine Nachfolgeregelung nicht spruchreif, „aber es gibt einige Varianten“.
Tipps fürs Handwerk: Nachfolge und Generationswechsel?
Wenn Firmeninhaber sich aus dem aktiven Geschäft zurückziehen möchten, hilft die Berliner Sparkasse bei der Suche nach einem Nachfolger und sorgt mit fachlicher Expertise für einen reibungslosen Übergang. Zu klären sind unter anderem Fragen zur Rechtsform, zu Finanzierungsmöglichkeiten, insbesondere mit öffentlichen Programmen, zu den notwendigen Bestandteilen des Übernahmekonzeptes sowie zu Versicherungen und Kontoführung. Die Berliner Sparkasse ist außerdem Regionalpartner der bundesweiten Unternehmensbörse Nexxt-Change.org. Hier können sich Unternehmer, die ihre Firma abgeben wollen und solche, die eine Firma suchen, in einer Unternehmensnachfolgebörse vernetzen. Mitgliedsbetriebe der Handwerkskammer Berlin können unentgeltlich die Nachfolgebörse der HWK nutzen und ein Inserat anlegen und sich beraten lassen.
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Um dem Fachkräftemangel im Handwerk gegenzusteuern, setzen viele Betriebe auf die Rekrutierung junger Leute und bemühen sich, diese für handwerkliche Ausbildungsberufe zu begeistern.
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