Lutz Leichsenring, Pressesprecher der Clubcommission e.V.
Die Arbeit des Vorstands basiert auf rein ehrenamtlichem Engagement. Daher kommen in den letzten Wochen und Monaten viele von uns an ihre Leistungsgrenzen. Ein großer Teil der Arbeit besteht auf politischer Kommunikation und Strategieentwicklung, sowie geschäftsführenden Aufgaben im Verein. Da die meisten Vorstandsmitglieder auch noch einen Club oder eine Veranstaltungsagentur betreiben, sind sie dort natürlich zusätzlich unter Druck, um den Betrieben das Überleben zu sichern. Für die Einzelberatung unserer Mitglieder, das Organisieren von Weiterbildungs- und Netzwerkveranstaltungen, sowie das Projektmanagement von z.B. Draussenstadt oder dem Schallschutzfonds hat die Clubcommission aber mittlerweile ein 15-köpfiges Mitarbeiter-Team, das tolle Arbeit leistet und das Rückgrat der Vereinsarbeit darstellt.
Den Clubs sowie den Veranstalterinnen und Veranstaltern geht es den Umständen entsprechend gut. Die Corona Soforthilfen greifen seit spätestens Ende letzten Jahres und seit ein paar Wochen können auch wieder Outdoor-Tanzveranstaltungen stattfinden. Allerdings besteht nach wie vor eine große Unsicherheit, ob und wie es im Herbst weitergeht. Wir haben keine Planungssicherheit, was Öffnungstermine angeht, und es fehlen einheitliche bundesweite Regelungen für den Konzertbetrieb und tourende Künstlerinnen und Künstler.
Es hat sich gezeigt, wie wichtig ein enger Austausch untereinander und das Sprechen mit einer Stimme ist. Die Strukturen der Clubcommission waren sehr hilfreich, um in den Dialog mit der Politik zu treten und die Hilfsprogramme zu koordinieren. Viele Clubs haben aber auch Live-Streams und Podcasts produziert oder ihre Räume für Filmausstellungen und Filmproduktionen zur Verfügung gestellt. Im Festsaal Kreuzberg und dem Sage Beach wurden über die Wintermonate Obdachlose beherbergt. Das Sage Restaurant hat mehrere Monate lang täglich 200 Essen für Bedürftige gekocht und ausgefahren.
Das wirtschaftliche Überleben wird leider nur mit staatlichen Hilfen möglich sein. Die Bühnen dieser Stadt haben hohe laufende Kosten und diese sind durch Streamingangebote oder andere Nutzungen nicht refinanzierbar. Auch wenn die Veranstaltungen auf den Außenflächen in den Sommermonaten bei ca. einem Drittel der Clubs wieder für Umsätze sorgen, so ist aufgrund der Hygieneauflagen die Kapazität eingeschränkt und gleichzeitig der zusätzliche Personalaufwand immens. Wir erwarten die Öffnung von Innenräumen im Herbst, aber bis der Betrieb wieder auf das Niveau von 2019 kommt, wird es sicherlich bis Ende 2022 dauern.
„United We Stream“ ist eine Spendenkampagne und Streamingplattform, die wir binnen fünf Tagen nach dem ersten Lockdown im März 2020 an den Start gebracht haben. Wir haben in Berlin über 600.000 Euro eingesammelt und auf die verheerende Lage der Clubs aufmerksam gemacht, indem wir Künstlerinnen und Künstler in den leeren Clubs auftreten ließen und das live gestreamt haben. Der Kampagne haben sich knapp 500 Clubs in 120 Städten weltweit angeschlossen und 2300 Künstlerinnen und Künstlern eine virtuelle Bühne geboten. Für viele Menschen war dies in den Lockdown-Wochen ein wichtiger Kanal, um ihre Solidarität zu zeigen und Kontakt zu ihrer Szene zu halten.
Streaming wird auch in Zukunft eine Rolle spielen, aber eher als Ergänzung zu Live-Veranstaltungen, um virtuell und barrierefrei an Veranstaltungen teilnehmen zu können und die Reichweite für die auftretenden Künstlerinnen und Künstler zu erhöhen. Das Live-Erlebnis zu ersetzen, ist allerdings nicht wirklich möglich.
Clubs und die Veranstaltungsbranche haben wie viele andere Unternehmen in der Kreativwirtschaft mit Stigmatisierungen zu tun. Ein Anfang wäre, die Branche ernst zu nehmen und sich als Beraterin oder Berater mit den speziellen Bedürfnissen auseinanderzusetzen. Wichtig ist es gerade in Berlin auch, sie bei der Suche nach Probe- und Arbeitsräumen, Studios und Clubräumen zu unterstützen, indem man sie mit der Immobilienbranche enger vernetzt und langfristige Perspektiven schafft. Oft sieht man die Kreativen leider als Zwischennutzer und Katalysator und nicht als wichtigen Partner, mit dem man nachhaltig und langfristig Mehrwerte schafft.
Die Ergebnisse des Club Monitoring Berlin machen deutlich, dass die Berliner Club- und Veranstaltungsszene darauf vorbereitet ist, den Betrieb wieder aufzunehmen. So schätzten 90 Prozent der Befragten ihre Kenntnisse zu Hygienekonzepten gut oder sehr gut ein. Ebenfalls ist die Mehrheit bereit, bei Veranstaltungen Impfpässe oder Testergebnisse zu kontrollieren, Schnelltests anzubieten oder mit Apps und personalisierten Tickets zu arbeiten. Dabei zeigt sich die Berliner Clubkultur gewohnt kreativ und kompromissbereit: Mehrheitlich bekundeten die Befragten ihr Interesse, eigene Außenflächen sowie Frei- und Parkflächen für ihre Veranstaltungen nutzen zu wollen.Dennoch hat die Corona-Pandemie die Berliner Clubkultur nachhaltig beeinträchtigt. Den Umsatz schätzten die Befragten für 2020 durchschnittlich auf 17 Prozent im Vergleich zum Vorjahr ein. Das entspricht in etwa dem Umsatz während des Normalbetriebs bis zur Schließung. Die Hilfsprogramme von Bund und Land konnten das schlimmste verhindern. Sie wurden an beinahe 77 Prozent der Befragten ausgezahlt, auch wenn die Mehrheit angibt, mit der Abwicklung unzufrieden zu sein. Dank der Hilfsprogramme und Spenden sind 69 Prozent der Befragten davon überzeugt, ihren Veranstaltungsbetrieb nach der Pandemie fortführen zu können. Dass allerdings fast 16 Prozent mit dem Gedanken spielen, ihr Unternehmen aufzugeben, ist besorgniserregend. Es ist erklärtes Ziel der Clubcommission, die Clubkultur ausnahmslos durch die Pandemie zu retten. Jeder geschlossene Club ist einer zu viel.
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